Dieser Beitrag wurde zuletzt am 30. April 2025 aktualisiert.
Studie zur Wahrnehmung und Akzeptanz von KI durch Mitarbeiter und Führungskräfte
Unternehmen nutzen Künstliche Intelligenz (KI) immer häufiger, um Entscheidungsprozesse zu unterstützen oder sogar zu automatisieren. Doch was beeinflusst die Akzeptanz bei einer Einführung? Das Center for Leadership and Behavior in Organizations (CLBO) an der Goethe-Universität Frankfurt, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), die F.A.Z.-Digitalwirtschaft und die Unternehmensberatung Groß & Cie. haben in einer gemeinsamen gemeinsamen Studie untersucht, wie Führungskräfte und Mitarbeitende den Einsatz von KI wahrnehmen und welche Faktoren die Akzeptanz der Technologie beeinflussen.
Die Ergebnisse zeigen, dass Beschäftigte insbesondere dann skeptisch sind, wenn KI unmittelbar in personalrelevante Entscheidungen eingreift. Während Anwendungen wie IT-Support oder automatisierte Textzusammenfassungen eine überwiegend positive Resonanz erfahren, lässt das Vertrauen deutlich nach, sobald KI in Prozesse wie Kündigungen, Beförderungen oder Leistungsbeurteilungen involviert wird. In diesen Bereichen befürchten Mitarbeitende mögliche Ungerechtigkeiten oder mangelnde Nachvollziehbarkeit der Entscheidungsgrundlagen.

Abbildung: Vertrauen in Künstliche Intelligenz auf einer Skala 1 bis 7 (1 = „gar kein Vertrauen“, 7 = „völliges Vertrauen“)
Ein weiterer zentraler Befund betrifft den Grad der Autonomie, den die Beschäftigten der KI zugestehen. Ob Führungskräfte Entscheidungen selbst treffen oder sie mithilfe von KI unterstützen lassen, spielt für die Mitarbeitenden kaum eine Rolle. Sobald jedoch KI eigenständig entscheidet, sinkt die Akzeptanz spürbar – selbst bei eigentlich vorteilhaften Maßnahmen wie Gehaltserhöhungen oder Bonuszahlungen. Gleichzeitig steigt in solchen Szenarien die Bereitschaft, Entscheidungen zu hinterfragen und offene Diskussionen zu führen. Diese neuen Formen der organisationalen Friktion müssen von Unternehmen aktiv gemanagt werden, um den erfolgreichen Einsatz von KI sicherzustellen.
Im Gegensatz zu den Mitarbeitenden stehen Führungskräfte dem Einsatz von KI durchweg positiver gegenüber. Sie sehen die Technologie als wertvolle Unterstützung ihrer Führungsarbeit, etwa bei der Empfehlung für Beförderungen oder der Analyse von Leistungsdaten. Selbst in rechtlich sensiblen Bereichen bewerten sie KI-Anwendungen deutlich optimistischer als ihre Teams. Dies unterstreicht die Bedeutung digitaler Kompetenz und transparenter Kommunikation auf Führungsebene, um eine breite Akzeptanz in der Belegschaft zu fördern.
Handlungsempfehlungen für Manager, die KI schnell in ihrem Unternehmen einführen wollen
- Schrittweise Einführung über unterstützende Anwendungen
- Starten Sie mit KI-Tools für Assistenzaufgaben (z. B. Textanalyse, IT-Support), da hier bereits ein hohes Vertrauen besteht.
- Vermeiden Sie zu Beginn rein automatisierte Entscheidungen in sensiblen Bereichen, um Friktionen zu minimieren.

Abbildung: Vertrauen in Künstliche Intelligenz in Abhängigkeit von Digital Leadership auf einer Skala 1 bis 7 (1 = „gar kein Vertrauen“, 7 = „völliges Vertrauen“)
- Starke digitale Vorbildfunktion („Digital Leadership“) zeigen
- Führungskräfte sollten aktiv selbst KI-Tools nutzen und Erfolge teilen.
- Bieten Sie Trainings und Hands-on-Workshops an, um Skepsis abzubauen und Know-how aufzubauen.
- Identitätsstiftende Führung kultivieren
- Betonen Sie gemeinsame Unternehmenswerte und vermitteln Sie ein Gefühl der Zusammengehörigkeit.
- Fördern Sie eine psychologische Sicherheit, in der Fehler als Lernchance gelten – so steigt die Bereitschaft, neue KI-Ansätze auszuprobieren.
- Transparenz und Erklärbarkeit sicherstellen
- Verwenden Sie Explainable AI-Ansätze, um Entscheidungsgrundlagen von KI für alle nachvollziehbar zu machen.
- Kommunizieren Sie offen über Einsatzbereiche, Grenzen und Verantwortlichkeiten.
- Mitarbeitende frühzeitig einbeziehen
- Führen Sie Pilotprojekte in kleinen Teams durch und holen Sie Feedback ein.
- Implementieren Sie einen kontinuierlichen Feedback- und Verbesserungsprozess, um Bedenken direkt zu adressieren.
- Risiken proaktiv managen
- Legen Sie klare Richtlinien für den Umgang mit sensiblen Daten und ethischen Fragestellungen fest.
- Planen Sie Umschulungs- und Weiterbildungsprogramme, um Jobverluste durch Automatisierung abzufedern.
- Kontinuierliches Monitoring und Anpassung
- Messen Sie regelmäßig Akzeptanz, Vertrauen und Leistung Ihrer KI-Projekte.
- Passen Sie Tool-Einsatz und Governance-Strukturen agil an gewonnene Erkenntnisse an.
Unternehmen sollten bei der Einführung von KI-Systemen vor allem auf eine offene Begleitung setzen: Transparente Kommunikation, klare Erläuterung der Abläufe und kompetente Führung sind dabei entscheidend. Denn KI steigert zwar die Effizienz von Entscheidungsprozessen, verändert jedoch zugleich bestehende Machtverhältnisse. Wie Rolf van Dick vom CLBO betont, ist es deshalb unerlässlich, neben der Technologie auch in Führungsstärke und in den Aufbau psychologischer Sicherheit im Team zu investieren.
Zunächst gilt es, die Einstellung von Führungskräften und Mitarbeitenden gegenüber KI genau zu ermitteln. Michael Groß von Groß & Cie. weist darauf hin, dass die echte Akzeptanz von KI als gleichberechtigter „Arbeitskollege“ gerade dann nicht selbstverständlich ist, wenn es um die persönliche Arbeit oder die eigene Karriere geht. Eine solche Bestandsaufnahme bildet die Grundlage dafür, KI erfolgreich und vertrauensvoll im Unternehmen zu verankern.
Details zur Studie
1. Zielsetzung und Studiendesign
zwischen Januar und März 2025 wurden 1 028 Teilnehmende (62 % in Führungsposition, 38 % Mitarbeitende) per Online-Fragebogen befragt.
Die zentralen Forschungsperspektiven waren:
- Verbreitung der KI-Nutzung im Arbeitsalltag
- Ausmaß und Bereiche des Vertrauens in KI
- Einfluss von Führungsverhalten und Teamklima auf Akzeptanz
- Wahrnehmung von KI-gestützten vs. rein menschlichen Entscheidungen anhand von Szenarien
Der mehrstufige Fragebogen umfasste:
- Eigene KI-Nutzung
- Vertrauen in verschiedene KI-Anwendungen
- Führungsstil und digital-psychologisches Klima
- Szenarienbasierte Bewertung von Bonusentscheidungen mit unterschiedlichen Entscheidungsträgern (Management allein, Management + KI, Berater, KI allein)
2. Stichprobe
- Alter: 30 % 18–49, 41 % 50–59, 29 % ≥ 60 Jahre
- Geschlecht: 25 % Frauen, 74 % Männer, 0,3 % Divers
- Unternehmensgröße: stärkere KI-Nutzung in großen Unternehmen
3. Verbreitung der KI-Nutzung
- >80 % aller Befragten nutzen KI-Tools im Arbeitsalltag.
- Führungskräfte (84 %) etwas mehr als Nicht-Führungskräfte (81 %).
- In Großunternehmen (≥ 500 Mitarbeitende) liegt die Nutzungsrate bei 87 %, in kleinen bei 76 %.
→ KI ist bereits fest im Berufsalltag verankert
4. Vertrauen in KI-Anwendungen
- Hohe Vertrauenswerte (Skala 1–7) bei unterstützenden Tools, z. B.:
- Textzusammenfassungen: FK 5,64 vs. NF 5,48
- IT-Support: FK 5,55 vs. NF 5,31
- Geringeres Vertrauen bei managementrelevanten Entscheidungen:
- Einstellungsempfehlungen: FK 3,70 vs. NF 3,42
- Leistungsbewertungen: FK 3,30 vs. NF 2,86
- Vollautomatisierte Managemententscheidungen werden deutlich abgelehnt, KI als Unterstützung eher akzeptiert.
- Führungskräfte vertrauen KI durchgängig stärker als Mitarbeitende, auch in rechtlich sensiblen Bereichen (z. B. Kündigungen, Beförderungen).
5. Wahrnehmung von Chancen und Risiken
- Chancen: Produktivitätssteigerung (FK 5,39 vs. NF 5,00), neue Geschäftsmöglichkeiten (FK 5,26 vs. NF 4,77)
- Risiken:
- Wegfall von Stellen: FK 3,43 vs. NF 3,82
- Gefahr des eigenen Jobverlusts: FK 1,68 vs. NF 2,02
Insgesamt sehen Führungskräfte mehr Chancen, Mitarbeitende mehr Risiken.
6. Rolle von Führung und Teamklima
- Digitale Führungskompetenz (Digital Leadership) der Vorgesetzten fördert Offenheit der Mitarbeitenden für KI-Tools.
- Identity Leadership (Gemeinschaftsgefühl, gemeinsame Werte) korreliert mit höherer digitaler Bereitschaft und psychologischer Sicherheit: Fehlertoleranz und Experimentierfreude nehmen zu.
7. Szenarienbasierte Bewertung von Entscheidungsprozessen
- Bonusentscheidungen, wenn KI nur unterstützend eingesetzt wird, werden als transparenter und leichter nachvollziehbar empfunden.
- Automatisierte Entscheidungen durch KI allein führen zu wahrgenommener Intransparenz und höherem Diskussionsbedarf – Friktionskosten steigen.
- Diese negativen Effekte sind bei Mitarbeitenden und Führungskräften ähnlich ausgeprägt; vollautomatisierte Prozesse hemmen Akzeptanz deutlich.
Quellen
- Holger Schmidt: „Digitalfähigkeit der Führungskräfte entscheidet über Akzeptanz der KI“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. April 2025.
- Studie des Center for Leadership and Behavior in Organizations (CLBO) an der Goethe-Universität Frankfurt in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), der F.A.Z.-Digitalwirtschaft und der Unternehmensberatung Groß & Cie.